Christfest

Liedpredigt zu EG 49 Der Heiland ist geboren am Christfest (25. 12.)

Liebe Gemeinde,

Eine Geburt ist immer ein freudiges Ereignis, und ganz besonders, wenn es ein besonderes Kind ist, das da zur Welt kommt. Freut euch, denn euch ist heute der Heiland geboren! Das verkündigen die Engel den Hirten. Lukas erzählt es in Kapitel 2 seines Evangeliums. Das oberösterreichische Volkslied „Der Heiland ist geboren“ nimmt die frohe Botschaft der Engelschöre auf.

Im Gesangbuch steht, dass Strophe 1 um 1881 in Oberösterreich und die Melodie ebenfalls 1881 in Innsbruck nachgewiesen sind. Es ist das Jahr der Veröffentlichung des Liedes mit damals sechs Strophen in der Sammlung Weihnachtlieder und Krippenspiele aus Oberösterreich und Tirol von Wilhelm Pailler.Das Lied ist älter: Die erste Strophe erschien schon 1638 als Flugblattdruck in Innsbruck, und die heute bekannte Melodie ist seit etwa 1780 durch eine Handschrift aus dem südbayerischen Kloster Weyarn überliefert. Im Lauf des 20. Jahrhunderts wurde das Lied in viele Gesang- und Schulgesangbücher aufgenommen und ist bis heute im Evangelischen Gesangbuch (EG 49) enthalten. Populär wurde es unter anderem auch durch Aufnahmen bekannter Sängerinnen und Sänger wie Karel Gott. Zu seiner Beliebtheit beigetragen hat sicher auch die beschwingte, tänzerisch leichte Melodie.

Wir hören Strophe 1:

Der Heiland ist geboren,
freu dich, o Christenheit,
sonst wär’n wir gar verloren
in alle Ewigkeit.
Freut euch von Herzen, ihr Christen all‘,
kommt her zum Kindlein in den Stall,
freut euch von Herzen, ihr Christen all‘,
kommt her zum Kindlein in dem Stall.

Freut euch von Herzen, ihr Christen all: Im Aufruf zur Freude, der wie ein Refrain jede Strophe abschließt, hören wir den Aufruf des Paulus zur Freude anklingen, den Wochenspruch des vierten Advents aus Philipper 4, Vers 4: Freuet euch im Herrn allewege! Und abermals sage ich euch: Freut euch, der Herr ist nahe! Paulus selbst schreibt, was auch beim Lesen und Hören des Liedtextes auffällt: Es wird mehrfach, teilweise viermal zur Freude aufgerufen. Wie Paulus selbst in seinem Brief anmerkt: Ich schreibe euch ja immer wieder dasselbe: Freut euch.

Der Wochenspruch des vierten Advents verkündet die bevorstehende Geburt Christi, jetzt, in unserem Lied ist er da: Kommt her zum Kindlein in den Stall. Wir alle sind gerufen, können kommen, die Tür steht uns offen. Dieses Jahr war das nicht immer und überall erfahrbar. Selbst unsere Kirchentüren, die sonst in fast überall offen sind, blieben einen Teil der Zeit verschlossen. Hier ist eine Tür immer für uns geöffnet, zu jeder Tages- und Nachtzeit und unabhängig davon, wie viele Menschen bereits im Stall sind. Es ist eine Einladung an alle: Ob wir mit freudigen Herzen eintreten oder eher bekümmert und mit Lasten auf dem Herzen, alle können kommen.

Weihnachten, das wird im Lied deutlich, ist mehr als das lauschige Familienfest, dessen „Rettung“ durch die Verschärfung der Maßnahmen zum Infektionsschutz in den vergangenen Wochen so oft beschworen worden ist. Dass es genau umgekehrt ist, führt uns das Lied vor Augen: Nicht wir retten Weihnachten, Weihnachten rettet uns! „Sonst wär’n wir gar verloren, in alle Ewigkeit.“ Wir hören Strophe 2:

Das Kindlein auserkoren,
freu dich, du Christenheit!
Das in dem Stall geboren,
hat Himmel und Erd erfreut.
Freut euch von Herzen…

Strophe 2 zeichnet Gottes Weg vom Himmel auf die Erde nach. Vom Himmel und dem Leben in der Ewigkeit, die keine Begrenzungen kennt, kommt Gott in Jesus hinunter auf die Erde, ins menschliche Dasein mit all seinen Begrenztheiten und Belastungen. Das Wort „auserkoren“ weist auf den Weg zu Karfreitag und Ostern hin, und darauf, dass Gott sich für diesen Weg entschieden hat. Auch die Melodie vollzieht den Weg von weit oben bis in die Tiefe nach. Gleichzeitig hat sie etwas Wiegendes, passend zum Kindlein, das besungen wird.

Viele Menschen sind in diesem Jahr noch einsamer gewesen als sonst. Jemand sagte am Telefon: „Mir tut es gut, die Kirchenglocken zu hören. Dann weiß ich, ich bin nicht allein.“ Andere klagten: „Gerade schreien alle Ich, ich, ich.“ Hier wird in Erinnerung gerufen, wir sind Teil von etwas, das größer ist als wir, wir sind hineingenommen in eine weltweite Gemeinschaft: Freu dich, du Christenheit. Die gute Botschaft, die die Engel bringen, ist Grund zur Freude für alle, für jeden von uns, jede von uns und für die ganze Welt. Sie überbrückt Höhen und Tiefen und verbindet uns über Zeit und Raum hinweg. 

Hören wir die dritte Strophe:

Die Engel lieblich singen,
freu dich, du Christenheit;
tun gute Botschaft bringen,
verkündigen große Freud’!

In wenigen Tagen endet das Jahr 2020, das uns so herausgefordert hat. Es hat uns sicher an der ein oder anderen Stelle Freude gebracht, aber auch viel Leid, viel Kummer und viel Trauer. Da ist es gut, die Zusage von Gottes überströmender Liebe zu hören. Der Gnadenbrunn tut fließen. Paul Gerhard dichtete: Der aus dem Himmel mit Strömen der Liebe geregnet. In der Bibel ist der Brunnen von Anfang an ein Zeichen der Liebe, des Trostes, der Erfüllung und der Verheißung. Wir sehen es an Hagar, die vor Sarahs Härte in die Wüste geflohen ist und der von einem Engel der rettende Brunnen gezeigt und die Geburt Ismaels angekündigt wird, an Isaak, der Rebekka an einem Brunnen begegnet, an Josef, der von seinen Brüdern zuerst in einen Brunnen geworfen und dann wieder herausgeholt wird, hinunter und wieder hinauf, vom Dunkel ins Licht geholt, gerettet, und schließlich natürlich auch an Jesus selbst, der sich einer samaritanischen Frau an einem Brunnen als lebendiges und lebendigmachendes Wasser offenbart – immer wieder begegnet der Brunnen als Symbol des Lebens und der Fülle.

Zu diesem Kind sind wir eingeladen. Jesus sagt im Evangelium des Johannes in Kapitel 4, 14: Das Wasser, das ich ihm gebe, wird in ihm zu einer Quelle werden, die unaufhörlich fließt, bis ins ewige Leben.

Amen

Hören wir die letzte Strophe:

Der Gnadenbrunn tut fließen,
freu dich, du Christenheit!
Tut all’ das Kindlein grüßen!
Kommt her zu ihm mit Freud’!