Zachäus

Am Stadttor von Jericho saß Zachäus. Er war der oberste Zolleinnehmer und er war sehr reich. Wer in die Stadt hineinwollte und dort etwas verkaufen wollte, musste Zachäus seine Waren zeigen. Zachäus zog dann den Zoll ein.

Niemand konnte ihn und die anderen Zolleinnehmer ausstehen: „Das sind Räuber!“ sagten die Menschen. „Sie sind Verräter an ihrem Volk geworden, arbeiten mit den Römern zusammen und beuten uns aus!“

Zachäus hatte keine Freunde in Jericho. Niemand wollte sich von ihm einladen lassen oder ein Fest mit ihm feiern. Alle Vorräte, allen guten Wein, konnte Zachäus mit niemandem teilen. Und natürlich lud auch niemand Zachäus ein!

Eines Tages waren die Menschen in Jericho ganz aufgeregt: Jesus kam in die Stadt! Sie hatten gehört, dass er unterwegs schon einen Blinden geheilt hatte! Unglaublich! Was wird er dann erst in Jericho für großartige Wunder vollbringen? fragten sie sich voller Vorfreude.

„Lasst mich bitte durch!“ sagte Zachäus ärgerlich. Er war nicht sehr groß und konnte nicht über die Schultern der anderen Menschen hinwegsehen. „Das hättest du wohl gern, du Gernegroß!“ lachten die Leute. „Es kostet Zoll, wenn wir dich durchlassen sollen!“ Zachäus bat und bettelte, flehte und machte Versprechungen – umsonst. Niemand wollte ihn durchlassen.

Da hatte Zachäus eine Idee: ‚Groß bin ich ja nicht‘, dachte er, ‚aber gelenkig! Ich klettere auf den Baum am Straßenrand, und dann kann ich von oben alles schön beobachten! Wer zuletzt lacht, lacht am besten!‘ Flugs kletterte er auf den Baum und hielt sich gut fest: Ein bisschen peinlich wäre es schon, wenn er den Halt verlieren und Jesus vor die Füße fallen würde…!

Darüber würden sich seine Mitbürger so richtig freuen, das wusste er. Da kam Jesus schon die Straße herab, und Zachäus war gespannt, was für ein Wunder diesmal geschehen würde. Aber Jesus heilte niemanden und tat auch sonst nichts – bis er unter dem Baum angekommen war, in dem Zachäus hing.

Direkt unter dem Baum blieb er stehen und schaute hinauf: „Zachäus“, sagte er so nachsichtig, als wäre Zachäus nur ein Lausbub, „was machst du denn da oben auf dem Baum?! Komm schnell herunter, ich möchte mit meinen Freunden dein Gast sein!“

Schnell rutschte Zachäus den Stamm hinab. „Dann komm, ich habe den besten Wein und jede Menge Vorräte!“ sagte er eifrig. „Du kannst alles haben, wonach dir der Sinn steht! Datteln, Brot, Früchte – es ist alles da! Mehr als genug für dich und alle deine Freunde. Ich habe nicht oft Besuch, musst du wissen!“ Jesus lächelte und folgte Zachäus nach Hause. Die anderen waren empört: „So viele anständige Leute leben in Jericho und würden nichts lieber tun, als Jesus einzuladen“, gifteten sie, „und ausgerechnet bei Zachäus lädt sich Jesus ein! Unerhört! Wie kann er nur?!“

Aber Zachäus hatte inzwischen nachgedacht und sagte zu Jesus: „Ich glaube, ich weiß, warum mich niemand leiden kann. Ich habe gemerkt, wie sehr ich mir wünsche, dass mich jemand mag, so wie du, und gern Zeit mit mir verbringt. Ich will es wiedergutmachen und den Menschen zurückgeben, was ich ihnen weggenommen habe, und den Rest gebe ich den Armen!“

Jesus sagte zu den Menschen: „Deshalb bin ich gekommen: Um diejenigen zu suchen, die sich verirrt haben, und sie heimzubringen!“

Nach Lukas 19, 1-10