Die verlorenen Söhne

Jesus wollte seinen Freunden ein Beispiel für Gottes Liebe geben. Deshalb erzählte er ihnen eine Geschichte:

Ein Vater hatte zwei Söhne. Eines Tages bat der jüngere Sohn: „Ich möchte bitte mein Erbe jetzt schon bekommen, damit ich mir die Welt anschauen kann!“ Der Vater und die Mutter waren traurig, aber sie wollten ihren jüngeren Sohn nicht daran hindern, sich die Welt anzuschauen. Also packte der jüngere Sohn seine Tasche, nahm sein Geld und seinen Wanderstab und verabschiedete sich von seinen Eltern und seinem Bruder.

Er kam in die Stadt und lernte einige junge Menschen kennen. Sie saßen oft zusammen und feierten Feste und freuten sich sehr, weil der jüngere Sohn alles bezahlte.

Es dauerte aber nicht lange, da hatte der jüngere Sohn sein ganzes Geld ausgegeben. Als er seine Tasche öffnete, war nichts mehr in ihr. „Ihr müsst mir etwas leihen“, bat er seine Freunde. „Bitte, ich gebe es euch zurück, sobald ich kann!“ Aber seine Freunde winkten ab: „Das ist viel zu riskant“, sagten sie. „Woher sollen wir wissen, ob wir unser Geld je wieder bekommen? Danke für die schönen Feste, wir wünschen dir viel Glück!“

Der jüngere Sohn fragte überall nach Arbeit. Niemand wollte ihn einstellen. Er war schon ganz verzweifelt, da bot ihm endlich jemand eine Arbeit an. Er sollte die Schweine hüten. Den ganzen Tag saß er draußen bei den Schweinen vor der Stadt und schaute zu, wie sie auf der Suche nach Futter alles umgruben. Er hatte Hunger und dachte manchmal sehnsüchtig: „Eigentlich würde ich gern von den Essensresten probieren, die die Schweine bekommen.“ Aber sein Arbeitgeber hatte ihm das streng verboten und gesagt, er würde ihn sonst entlassen.

Er dachte wehmütig an sein Elternhaus. „Daheim habe ich mich immer satt essen können“, überlegte er. „Auch unsere Arbeiter haben immer genug zu essen. Vielleicht kann ich ja nach Hause zurück und bei meinem Vater arbeiten.“

Also machte er sich auf den Weg nach Hause. Er wanderte lange und hatte viel Zeit, sich zu überlegen, was er seinen Eltern sagen würde, sobald er daheim wäre. Er würde ihnen auf jeden Fall sagen, dass es ihm leid täte, dass er sein Zuhause verlassen hatte.

Sein Vater wartete jeden Tag auf die Heimkehr seines Sohnes. Jeden Abend kehrte er enttäuscht ins Haus zurück, sobald es dunkel geworden war. Aber am nächsten Morgen war er wieder voller Hoffnung und dachte: „Vielleicht kommt mein Sohn heute nach Hause!“

Und dieses Mal wurde der Vater nicht enttäuscht: Als es gerade dämmerte, sah er seinen Sohn. Er lief ihm voller Freude entgegen.

Sein Sohn kniete vor ihm nieder, als er seinen Vater erkannte und begann: „Vater, es tut mir so leid, dass ich-“ Aber sein Vater umarmte ihn und rief seine Diener: „Bringt das gemästete Kalb und das schönste Gewand! Mein Sohn ist nach Hause gekommen, das müssen wir feiern!“

So begannen alle, ausgelassen zu feiern.

Der ältere Bruder hatte den ganzen Tag auf dem Feld gearbeitet, war jetzt müde und freute sich auf den Feierabend und das Abendessen. Als er auf den Hof kam, wunderte er sich, dass alle so laut jubelten und fröhliche Lieder sangen. „Was ist denn hier los?“ fragte er einen Diener, der gerade einen Krug Wein ins Haus bringen wollte. „Dein Bruder ist heute nach Hause gekommen“, antwortete der Diener. „Dein Vater hat deshalb das Mastkalb schlachten lassen, und wir feiern jetzt ein Fest.“

Der ältere Bruder ärgerte sich: Erst ging sein jüngerer Bruder einfach von zu Hause fort, nachdem er alles Geld mitgenommen hatte, für das der Vater und der ältere Sohn so hart gearbeitet hatten. Sie hatten lange gebraucht, bis sie wieder genug Geld verdient hatten, um ihre Arbeiter bezahlen zu können. Der ältere Bruder hatte gewusst, wie sehr sein Vater seinen Bruder vermisste, deshalb hatte er nichts gesagt und nur gearbeitet.

Aber sein Vater hatte es scheinbar nie bemerkt, wie sich sein Ältester ins Zeug legte, jedenfalls hatte er ihn nie gelobt oder sich bei ihm für seinen Einsatz bedankt. Und jetzt war sein Bruder wieder da, und für ihn wurde ein Fest gefeiert, obwohl die Tatsache, dass er nach Hause gekommen war, doch nur bedeuten konnte, dass er alles sauer verdiente Geld schon ausgegeben hatte!

Als sein Vater nach ihm sehen kam, war der ältere Bruder richtig zornig, und auf die Frage, warum er nicht ins Haus komme und seinen Bruder begrüßte und mitfeierte, fauchte er: „Ich habe hier Tag für Tag geschuftet, und mir hast du nicht einmal eine Ziege angeboten, damit ich mit meinen Freunden feiern könnte!“

Sein Vater bat ihn: „Komm doch und feiere mit uns. Du hättest mich jederzeit fragen können, ob du ein Fest feiern darfst, dann hätte ich mich gefreut, dir nicht nur eine Ziege, sondern auch ein Kalb zu geben. Ich wusste nicht, wie verärgert du deswegen warst. Aber feiere doch jetzt mit mir und deinem Bruder, dass wir wieder eine Familie sind und alle wieder zusammen sein können!“ Da ließ sich der ältere Bruder einladen und kam mit hinein, um mitzufeiern.

Nach Lukas 15, 11-32