Ostersonntag

Osterfreude ERlebt: Das leere Grab

Ostersonntag, 12. April 2020

Wochenspruch: Christus spricht: Ich war tot, und siehe, ich bin lebendig von Ewigkeit zu Ewigkeit und habe die Schlüssel des Todes und der Hölle. (Offb 1,18)

Wär‘ er nicht erstanden, so wär die Welt vergangen, seit dass er erstanden ist, so lobn wir den Vater Jesu Christ‘. Kyrieleis!

EG 99 Text: Bayern/ Österreich um 1150; Wittenberg 1529. Melodie: Salzburg 1160/ 1433, Tegernsee 15. Jh., nach der Sequenz ‚Victimae paschalis laudes‘ des Wipo von Burgund vor 1048; Wittenberg 1529.

Andacht von Pfarrerin Katja Pfitzer

Liebe Gemeinde,

Petrus, so erzählt es uns Lukas, lief nach dem Bericht der Frauen am Ostermorgen zum Grab, sah hinein und sah nur die Leinenbinden. Er fragte sich, was wohl geschehen war. (Lk 24,12) Petrus hatte nicht erwartet, das Grab leer zu finden. Aber – noch freut er sich nicht, kann sich vielleicht noch nicht freuen. Ist es zu schön, um wahr zu sein?

Auch die Frauen rechneten damit, dass sie ihre Salböle und Tücher, die sie vorbereitet hatten, brauchen würden. Sie hätten sie sonst nicht mitgenommen, als sie sich gleich nach dem Sabbat in aller Frühe auf den Weg zum Grab machten. Dann – der Stein ist weg, das Grab leer.

Lukas erzählt: Während sie noch überlegten, was sie glauben sollten, traten zwei Männer in leuchtenden Gewändern zu ihnen. Die fragten sie: „Warum sucht ihr den Lebenden bei den Toten? Er ist nicht hier, er ist auferstanden, wie er gesagt hat.“ (Lk 24, 5.6)

Wär‘ er nicht erstanden, so wär die Welt vergangen, heißt es im alten Osterhymnus: Ohne die Auferstehung Jesu ginge die gesamte Schöpfung ihrem unwiderruflichen Ende entgegen. Bei einer Geburt atmen Geburtshelferinnen und -helfer erleichtert auf, wenn das Köpfchen des Kindes zum Vorschein gekommen ist: Das Schwierigste ist überstanden. So beschreibt Paulus die Auferstehung: Bei der Auferstehung ist uns Jesus als Haupt vorausgegangen, wir und die Welt folgen.

Jetzt ist Christus aber vom Tod auferweckt worden, und zwar als erster der Verstorbenen. […] Weil wir mit Adam verbunden sind, müssen wir alle sterben. Aber genauso werden wir alle lebendig gemacht, weil wir mit Christus verbunden sind.

Paulus schreibt hier in 1 Kor 15, 20 und 22, dass die Auferstehung ein Ereignis sein wird, das die ganze Schöpfung umfasst: Alle (!) Menschen – der fromme Pietist Michael Hahn fügte zur Verstärkung „ohne Ausnahme“ hinzu – werden von der Macht des Todes befreit, aber auch die Tiere, jede Kreatur, die gesamte Schöpfung! Michael Hahn schrieb: „Dass wie sie in Adam alle – ohne Ausnahme sterben – so (werden) auch in Christo alle – ohne Ausnahme – lebendig gemacht werden“.

Aber die Botschaft von der Auferstehung und vom leeren Grab rief schon zu Beginn nicht nur Begeisterung und Freude hervor, sondern auch Zweifel und Schrecken. Sie widersprach zu sehr allem, was Menschen seit Anbeginn der Zeiten erleben und erleiden: Allem Lebendigen setzt der Tod ein Ende, und niemand kann sich seiner Macht entziehen.

Gerade dass Frauen die ersten Zeuginnen der Auferstehung sind, deren Wort damals vor Gericht keinerlei Beweiswert hatte, zeigt für mich, dass es sich bei den Berichten über Jesu Auferstehung um Erinnerungen an Tatsachen handelt. Dafür spricht, dass die Frauen erschrocken und entsetzt reagieren, so wie die Jünger, die ab Jesu Verhaftung keine gute Figur machen und sich verstecken. Wäre alles erfunden, wären die Jünger sicher heldenhafter, und die Frauen wären ohne Tücher und Salböle zum Grab gegangen, nur um sich zu überzeugen, dass es, wie von Jesus angekündigt, leer ist, und überglücklich gewesen, als sie sich in ihrer Überzeugung bestätigt sahen.

Die Auferstehung ist wahr und wirklich. Aber die Zweifel, die viele Menschen immer wieder haben, sind verständlich. Zweifel gehört zum Glauben, Zweifel führt zum Glauben: Der Jünger Thomas muss erst Jesu Wunden berühren, muss sich erst überzeugen dürfen, braucht Zeit.

Auch die von Lukas in der Apostelgeschichte erzählte Reaktion auf die Befreiung des Petrus aus dem Gefängnis zeigt die Seele der Glaubenden im Schwanken zwischen Vertrauen und Zweifel. Alle aus der Gemeinde beten für Petrus‘ Rettung aus dem Gefängnis – aber als er nach seiner Befreiung vor der Tür steht, glauben sie, einen Geist vor sich zu sehen…

Das zeigt mir, dass Glaube immer auch von Zweifel begleitet ist, wie es auch in unserer Jahreslosung heißt: Ich glaube, Herr, hilf meinem Unglauben. Die Auferstehung ist unvorstellbar, übersteigt unser Fassungsvermögen, unsere Erfahrungen und unsere Möglichkeiten in jeder Hinsicht. Wer nicht mehr zweifelt, nicht mehr zweifeln kann, hat mit dem Glauben abgeschlossen oder erkennt die Auferstehung als einmaliges, un-glaubliches Ereignis nicht an.

Die Botschaft von der Auferstehung geht dem Glauben voraus und schenkt tiefen Trost, Hoffnung, Freude, Lebensmut – und vor allem da, wo wir an Gräbern stehen, neues Leben und neue Hoffnung.

Die Wahrheit der Botschaft wird nicht zunichte gemacht durch Nicht-Sehen-Können oder Noch-Nicht-Sehen-Können. Auch die Emmausjünger erkennen zuerst nicht, wer da mit ihnen geht – ihre Augen sind gehalten (Lk 24,16). So kann es auch Trauernden und Zweifelnden gehen – und trotzdem ist und bleibt es wahr: Christus ist auferstanden, er ist wahrhaftig auferstanden! Er ist auferstanden, wie er es gesagt hat, hören die Frauen am Grab.

„Er hält, was er verkündet. […] Er hat sich selbst gebunden. Er sucht: du wirst gefunden.“ Jochen Klepper schrieb 1938 diese Worte voller Vertrauen und Zuversicht auf, in schweren Zeiten, im Lied „Sieh nicht an, was du selber bist“, EG 539 in Strophe 3.

Vielleicht können wir uns finden und ergreifen lassen von der zuversichtlichen Vorfreude einer Diakonisse: Sie ließ sich mit einem kleinen Dessertlöffel begraben – weil sie sich ganz sicher war, dass sie auferstehen würde und es in Gottes Reich guten Nachtisch gibt. Und sie wollte nicht unvorbereitet sein.

Amen

Liedvorschläge

EG 112, Auf, auf, mein Herz, mit Freuden
EG 99 Christ ist erstanden
EG 116 Er ist erstanden, Halleluja

Gebetsvorschlag

Jesus Christus, der du die Tür zum Leben geöffnet hast, öffne unser Herz, dass wir die Osterbotschaft vertrauensvoll annehmen. Öffne uns für die Freude an deinem Sieg und führ uns zu Lebensmut und Zuversicht als Feier des Lebens und zu deinem Lob.

Unser Leben soll von Freude und Zuversicht geprägt sein. Lass uns voller Hoffnung leben: Du bist bei uns an jedem Tag. Du hältst dein Wort. Darum hilf uns, dir zu vertrauen und getrost und fröhlich unsere Zeit aus deiner Hand zu nehmen. Sei bei allen nahe, die von Trauer und Angst erfüllt sind. Stärke sie durch deine Botschaft vom Sieg des Lebens und lass Hoffnung ihre Herzen ergreifen. Amen